Passepartout: Der Umbrailpass (English Version Below) 46° 32′ 30″ N, 10° 26′ 0″ O

Die Sonne geht rot überm Bergkamm auf, du sitzt auf deiner Maschine und kommst ihr mit jeder einzelnen Kurve und Spitzkehre entgegen. Halt Stopp… nein, das ist zwar romantisch könnte aber blöd werden denn, dann kuckst du ja direkt rein, bist geblendet und das macht in Anbetracht der tollen Kurven auf Dauer auch keinen Spaß.

Also noch einmal anders, Pässe eine der schönsten und zugleich erlebnisreichten Verbindungen, die uns der Straßenbau erschaffen hat. Oftmals geht ihre Entstehung auf frühere Konflikte und Kriege zurück, hin und wieder waren es einfach Handelsrouten zwischen den Ländern, oder aber sie sind tatsächlich noch Reste des römischen Imperiums, welche Rom mit seinen Provinzen verband. Wie dem auch sei, sie sind die Könige der Berge und einer davon ist der wunderschöne Umbrailpass, der die Schweiz mit Italien verbindet.

Der Umbrailpass

Der höchste Straßenpass der Schweiz liegt auf 2501 Meter Seehöhe und ist ein echtes Highlight. Das erstes Erlebnis mit seinen Kurven und engen Spitzkehren hatte ich bereits 2004 als ein nicht unbeträchtlicher Teil der Fahrbahn noch nicht geteert war. Damals kamen wir über Bormio die Stilfser Joch Rampe hochgefahren und wollten eigentlich über das Stilfser Joch hinunter in den Vinschgau. Aber ein gewaltiges Schneebrett versperrte uns damals die Abfahrt ins Tal, sodass wir über den Umbrailpass ausweichen mussten. Nicht wissend das wir uns auf dem höchsten Punkt der Schweizer Straßenpässe befanden überfuhren wir die Grenze zur Schweiz etwas respektlos und ohne größer Beachtung. Doch was danach folgte hatte sehr schnell unsere ungeteilte Aufmerksamkeit. Schotter, nein nicht so losgelöst wie auf einer enduristischen Strecke, mehr die festgefahrene Variante und doch eine Herausforderung für uns und die schwer beladenen Maschinen. Zu Beginn noch sehr zögerlich ließ ich mich darauf ein, bekam jedoch von Kurve zu Kurve mehr Vertrauen, bis es irgendwann wirklich rund lief. So erging es auch meinen Kumpanen, die wie ich gerade ein Abendteuer erlebten, welches uns noch lange nach der Tour beschäftigte.  

Da die Natur bei dieser ersten Abfahrt leider tatsächlich in den Hintergrund gerückt war, dauerte es nicht sehr lange bis wir wieder an der Einfahrt zum Pass standen. Dieses Mal kamen wir allerdings von der anderen Seite und folgten den zahlreichen Kurven nach oben. Was wir dabei an Natur und Ausblicken erlebten war faszinierend, sodass die Stopps bis zur Spitze erheblich zunahmen. Und auch über die Jahre änderte sich daran nichts, denn die Natur übernahm unsere Führung und das bei jeder Tour etwas mehr.

Mittlerweile ist die kehrenreiche Umbrailstrasse allerdings durchgängig geteert und hat somit auch ein wenig von ihrem Abenteuerflair eingebüßt. Oftmals wird sie heute von Radfahrern und uns Motorradfahrern als Zubringer zur Stilfser-Joch-Straße genutzt und trägt damit auch etwas zur Entlastung der Jochstrecke bei. Wenn man den Pass jedoch wirklich erfahren möchte, sollte man genügend Zeit einplanen denn neben der faszinierenden Natur gibt es auch viele Spuren der Vergangenheit zu sehen. Entlang der Hauptstraße die 1901 eröffnet wurde gibt es mehrere Befestigungsanlagen der Schweizer Armee. Diese reichen bis zum ersten Weltkrieg zurück und dienen heute zum Glück nur noch als Mahnmale der Vergangenheit.

Eine bewegte Vergangenheit auf die die nach dem Piz Umbrail, einem Gipfel in der Nähe des Passes benannte Straße zurückblickt. Daher gibt es auch einige geschichtliche Namen des Umbrailpasses, wie z.B. Giogo di Santa Maria, oder rätoromanisch Pass da l’Umbrail, wie auch die früher deutsche Bezeichnung Wormser Joch. Damals wie heute verbindet er das Münstertal (Val Müstair) bei Santa Maria, Kanton Graubünden, mit dem Addatal bei Bormio. Dabei erreicht man nach 13,4 Kilometer Länge unmittelbar nach der Passhöhe die Grenze zu Italien und mündet anschließend in die Südwest-Rampe des Stilfser Jochs.

Für uns Biker ist dabei noch wichtig zu wissen das die Straße zumeist von Ende Mai bis Ende Oktober gut befahrbar ist.

Geschichte

Zum Abschluss noch etwas Geschichte! In der Vergangenheit diente der Weg über den Umbrailpass als wichtiger Saumpfad im Warenverkehr Italiens. Besonders interessant war er dabei für Venedig, bildete er doch die direkte Fortsetzung der alten venezianischen Wege über den Gavia Pass und den weniger bekannten Mortirolo Pass in Richtung Norden. Damit wurde das Wormser Joch im 15. Jahrhundert überaus rege genutzt. Bereits am Ende des 15. Jahrhunderts führte zudem ein stetiger Postkurs über den Pass, der Mailand mit Innsbruck verband.

Mit Beginn der Neuzeit jedoch endete auch die Blütezeit des Umbrailpasses, denn glücklicherweise verlagerte sich der Verkehr mehr in Richtung Osten auf den Brenner und im Westen in Richtung San Marco. Mit dem Bau der Stilfser Joch Straße verlor der alte Weg dann endgültig seine frühere Bedeutung und wurde zu dem was er heute ist. Ein Refugio der Natur auf dessen Straße nach oben man gerne einmal in die aufgehende Sonne fahren kann. Dabei sollte man jeden einzelnen Kilometer und die gewaltige Natur genießen, denn das hat der Pass wahrlich verdient.

Tipps und mehr

Unterkünfte gibt es sowohl im Val Münstair wie auch in Bormio sehr viele und nach jedwedem Gusto. Auch bei der Anfahrt aus dem Vinschgau von Prad aus gibt es tolle Übernachtungsmöglichkeiten. Wer es einmal ganz besonders ruhig haben möchte übernachtet in der Tibet Hütte auf dem Stilfser Joch. Dort gibt es im Übrigen auch die berühmteste Bratwurst der Gegend und zudem noch eine der höchst gebratenen Europas.

Das Joch gilt zugleich als Biker, Radler, PKW und wer weiß noch was Treff, wo sich hin und wieder der Verkehr einfach überschlägt. Da ist es am Umbrail oder in der Folge am Gavia bzw. Mortirolo Pass erheblich entspannter und schöner.

Wo wir dann auch schon dabei sind, die Pässe der Umgebung sind alle wunderschön und erfahrbar. Respekt sollte man aber durchaus der Natur und auch den anderen Verkehrsteilnehmern entgegenbringen, umso mehr Freude am Fahren hat man durch diese berauschende Bergwelt.

In diesem Sinne #lifeisaride eurer

Torsten Thimm

Passepartout: The Umbrail Pass

46° 32′ 30″ N, 10° 26′ 0″ E

The sun rises red over the mountain ridge, you sit on your bike and meet it with every single curve and hairpin bend. Stop… no, that’s romantic, but it could be stupid, because then you’re looking straight into it, you’re blinded and that’s no fun in the long run, considering the great curves.

So let’s look at it another way, mountain passes are one of the most beautiful and at the same time eventful connections that road construction has created for us. Often their origins go back to earlier conflicts and wars, sometimes they were simply trade routes between countries, or they are actually remnants of the Roman Empire that connected Rome with its provinces. Whatever the case, they are the kings of the mountains and one of them is the beautiful Umbrail Pass, which connects Switzerland with Italy.

The Umbrail Pass

Switzerland’s highest road pass lies at 2501 metres above sea level and is a real highlight. I had my first experience with its curves and narrow hairpin bends back in 2004, when a not inconsiderable part of the road had not yet been tarred. At that time, we came up the Stilfser Joch ramp via Bormio and actually wanted to go down the Stilfser Joch to Vinschgau. But a huge snow slab blocked our descent into the valley, so we had to take the Umbrail Pass. Not knowing that we were at the highest point of the Swiss road passes, we crossed the border into Switzerland somewhat disrespectfully and without paying much attention. But what followed very quickly had our undivided attention. Gravel, no not as detached as on an enduristic route, more of the packed variety and yet a challenge for us and the heavily loaded machines. At the beginning I was still very hesitant, but from curve to curve I gained more confidence, until at some point it really went smoothly. This was also the case for my companions who, like me, had just experienced an adventure that kept us busy for a long time after the tour. 

As nature had unfortunately really taken a back seat on this first descent, it didn’t take very long until we were again at the entrance to the pass. This time, however, we came from the other side and followed the numerous curves upwards. What we experienced in terms of nature and views was fascinating, so that the stops increased considerably until we reached the top. And nothing changed over the years, because nature took over our leadership and that a little more with each tour.

In the meantime, however, the winding Umbrail road has been paved throughout and has thus lost a little of its adventure flair. Today, it is often used by cyclists and us motorcyclists as a feeder road to the Stilfser-Joch road and thus also contributes somewhat to relieving the Joch route. However, if you really want to experience the pass, you should plan enough time, because apart from the fascinating nature, there are also many traces of the past to see. Along the main road, which was opened in 1901, there are several fortifications built by the Swiss army. These date back to the First World War and fortunately today only serve as memorials to the past.

The road named after the Piz Umbrail, a peak near the pass, looks back on an eventful past. This is why the Umbrail Pass has several historical names, such as Giogo di Santa Maria, or Pass da l’Umbrail in Rhaeto-Romanic, as well as the former German name Wormser Joch. Then as now, it connects the Münstertal (Val Müstair) near Santa Maria, Canton Graubünden, with the Addatal near Bormio. Here, after 13.4 kilometres in length, you reach the border with Italy immediately after the pass summit and then join the south-west ramp of the Stilfser Joch.

For us bikers, it is important to know that the road is usually passable from the end of May to the end of October.

History

Finally, a little history! In the past, the route over the Umbrail Pass served as an important mule track in Italy’s goods traffic. It was of particular interest to Venice, as it was the direct continuation of the old Venetian routes over the Gavia Pass and the lesser-known Mortirolo Pass to the north. Thus, the Wormser Joch was used extremely actively in the 15th century. As early as the end of the 15th century, a steady mail route also led over the pass, connecting Milan with Innsbruck.

With the beginning of the modern era, however, the heyday of the Umbrail Pass also came to an end, because fortunately traffic shifted more towards the Brenner Pass in the east and towards San Marco in the west. With the construction of the Stelvio road, the old road lost its former importance and became what it is today. A refuge of nature on whose road to the top you can happily ride into the rising sun. At the same time, you should enjoy every single kilometre and the immense nature, because the pass truly deserves that.

Tips and more

There is plenty of accommodation to suit every taste, both in Val Münstair and in Bormio. There are also great places to stay if you are coming from the Vinschgau Valley from Prad. For those who want a particularly quiet stay, there is the Tibet Hut on the Stilfser Joch. Incidentally, this is also where you can get the most famous bratwurst in the area, as well as the highest roasted sausage in Europe.

The Joch is also a biker’s, cyclist’s, car’s and who knows what else’s hangout, where every now and then the traffic simply rolls over. It’s much more relaxed and beautiful on the Umbrail or subsequently on the Gavia or Mortirolo Pass.

And while we’re on the subject, the passes in the area are all beautiful and can be experienced. But you should show respect for nature and other road users, the more you enjoy driving through this exhilarating mountain world.

In this spirit #lifeisaride yours

Torsten Thimm

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2 Kommentare

  1. Eine wundervolle Hommage an einen meiner Lieblingspässe in den Alpen. Der Umbrail steht oft im Schatten des Stilfser Jochs und dient für viele „nur“ als Zufahrt zum Stelvio-Rummelplatz. Dabei hat gerade der Umbrail eine schöne Streckenführung mit tollen Kurven und großem Panorama, ist dabei aber wesentlich ursprünglicher, rustikaler und weniger befahren als der große Bruder nebenan. Ich mag ihn – schon seit 1994, damals noch überwiegend geschottert.

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