Passepartout die Zweite: Der Gavia Pass (English Version Below) 46° 20′ 37″ N, 10° 29′ 17″ O

Tourenvorschlag https: https://kurv.gr/pkaTQ

Meine Spur ziehe ich am liebsten, wohin keine andere führt. Ich kann zurückblicken und sie beurteilen, was ich sonst nicht könnte, weil sie sich durch die vielen anderen verlieren würde.

(Heini Holzer)

Hat man den Umbrailpass und/oder das Stilfser Joch erst einmal überquert teilen sich hinter Bormio die Wege in den Süden! Wenn man weiter ins Trentino möchte oder an den Gardasee hat man dadurch von hier aus verschiedene Möglichkeiten. Diejenigen von uns die es lieber ruhiger mögen halten sich direkt südwärts und folgen der SS38 hin zum Passo Del Mortirolo. Einem wirklich traumhaften Sträßchen über die Berge das zum gemütlichen Bummeln einlädt. Der größere Teil von uns jedoch folgt wohl der SP29 (SS300), auch Via Monte Oliveto genannt, oder in ihrem späteren Verlauf Gaviapass Straße. Sie am frühen Morgen zu befahren, wenn der Verkehr noch gering ist, ist faszinierend und zugleich definiert diese Passstraße das Wort ENGPASS an manchen Stellen komplett neu. Auf diese bestimmte Art und Weise ist der Gavia damit eine der aufregendsten Verbindungen der Alpen zwischen Bormio und Ponte di Legno und erreicht auf seinen 43km Länge eine Passhöhe von 2621 Metern. Seine Kurven und Spitzkehren haben mich dabei ihrer Enge wegen schon immer ganz besonders fasziniert, doch erst bei der 3. bzw. 4. Überquerung konnte ich die Schönheit dieses Ortes so richtig erfassen.

Der Gaviapass

Hat man das Ortsschild von Valfurva hinter sich gelassen beginnt der Groove durch die engen Spitzkehren nach oben. Runde 10 Stück an der Zahl sind es, die dich und dein Motorrad durch den bewaldeten Teil dieser Straße führen. Bevor, ja bevor sich die zunächst kühl wirkende Bergwelt der Sobretta-Gavia-Gruppe im (Westen) und der Ortler Gruppe im (Ost) vor dir auftut. Der Anblick ist wunderschön und an manchen Stellen siehst du wie sich das schmale Asphaltband durch die Landschaft vor dir zieht. Ihm zu folgen ist das konzentrierte Ziel, denn automatisch wirst du immer tiefer in diese Welt aus Stein, Wasser und Eis hineingezogen. Faszinierend und zugleich auch ein wenig erschreckend, zeigt es dir doch tatsächlich auch wie klein du als Mensch gegenüber dieser gewaltigen Natur bist. Es lohnt sich allerdings und man sollte genug Zeit mitbringen, um es genießen zu können. Und auch das kleine Refugio Bonetta ist immer ein Stopp wert, um einen Cappuccino zu trinken und eine Kleinigkeit zu essen.

Nach dem Scheitelpunkt des Passes und dem Lago Bianco folgt der Abstieg ins Tal und damit noch einmal eine Kurve nach der anderen. Zudem kann man den 800 Meter langen Tunnel erleben der als Ersatz für einen besonders enges Straßenstück, welches heute gesperrt ist, gebaut worden ist. Zwei normale Standard SUV’ s komm auf vielen Abschnitten trotzdem nicht aneinander vorbei, was hin und wieder zu kleinen Wartezeiten führt.

Das dabei interessanteste Erlebnis hatten wir übrigens mit einer Gruppe Harley Fahrer inklusive Sozias, die mit ihren wirklich alten Maschinen auf Trommelbremsen unterwegs waren. Durch meinen Helmvisier roch es damals gar fürchterlich nach verbrannten Bremsen und nicht weit entfernt sah ich sie dann ihre Bremsen mit Wasserflaschen abkühlend am Straßenrand stehen. Sie schienen das alles schon zu kennen denn die Lage sah entspannt aus und nach unserer Rückfrage meinten sie nur ‚alles ok‘.

Uns jedenfalls ging an diesem Tag der Schwung und auch die Bremse nicht verloren, auch nicht als uns das wild hupende und ausgemusterte Feuerwehrauto (ein alter Benz LKW) mit holländischem Kennzeichen entgegen kam und um dem ihm zustehenden Platz auf der Fahrbahn bat. Wie gesagt die Enge des Passes ist ebenso legendär wie die Geschichten die es über ihn zu erzählen gibt. Nach 15 weiteren Kehren ist auch die Südrampe geschafft und die Enge verliert sich langsam auf der Tonale Straße.   

Für uns Biker gilt, die Straße ist zumeist wie bei den umliegenden Pässen auch von Ende Mai bis Ende Oktober gut befahrbar. Ansonsten herrscht in den Wintermonaten Ruhe durch die Wintersperre.

Geschichte

Der Gaviapass war durchaus auch schon den Menschen der Steinzeit bekannt, wie ein altertümlicher Siedlungsplatz auf der im Norden des Passes gelegenen Malga Dell ‘Alpe in (2300 m) Höhe beweist.

Mit dem Ende des Mittelalter erlangte er eine besondere Bedeutung. Die Venezianer legten hier nämlich einen Saumweg über den Pass an, um zum einen das habsburgische Tirol, zum andern die Lombardei umgehen zu können, die beide in direkter Konkurrenz zum Venezianischen Hoheitsgebiet standen. In der Folge wuchs bereits im 16. Jahrhundert der Warenverkehr über den Gavia stark an und entwickelte ihn so für die Venezianer zu einem der wichtigsten Pässe ihres Gebietes. Nicht umsonst nannte man ihren Saumweg, „Strada Imperiale“.

Obwohl er über Jahrhunderte mehrfach ausgebaut wurde, ließ auch er sich im Winter nicht bändigen. Somit war und ist (glücklicherweise) sein größtes Manko zugleich die Stärke für seine Natur, eben dass er im Winter nicht nutzbar ist und lediglich im Sommer überquert werden kann.

Nach dem Niedergang der Venezianer geriet auch er ähnlich dem Umbrailpass für lange Zeit in Vergessenheit da er kaum noch benutzt wurde. Erst in den Wirren des Ersten Weltkriegs stiegt das Interesse an ihm wieder und man baute zur Versorgung der Truppen eine erste richtige Straße über ihn hinweg. Ein Los, das er mit vielen Alpenpässen teilt und welches durch diverse Denk- und Mahnmäler in einer stetigen Erinnerung bleiben soll. Eine Erinnerung, die weniger menschliche Interessen und Konflikte in den Vordergrund stellt, sondern vielmehr die fantastische Natur, die das alles umgibt.

Tipps und mehr

Unterkünfte gibt es sowohl in Bormio wie auch in den folgenden Ortschaften vor und nach der Süd- und Nordrampe passend für jedwedes Gusto. Wer es jedoch einmal ganz besonders ruhig haben möchte übernachtet in der Tibet Hütte auf dem Stilfser Joch und fährt bereits früh morgens von dort aus los. Es lohnt sich wirklich. Ebenso wie die Spagetti bei der Auffahrt von der Nordrampe (kleines Steinhaus linkerhand) und bei der Abfahrt über die Südrampe (altes Steinhaus mit Brücke und Wasser rechterhand).

Womit wir hier und nun das kleine Passpartour des Gavia schließen und festhalten. Die Gegend ist für uns Menschen unerschöpflich, die Pässe der Umgebung wunderschön erfahrbar. Und auch hier gilt der Respekt, den man selbst erwartet den sollte man durchaus auch der Natur und den anderen Verkehrsteilnehmern entgegenbringen. Umso mehr Freude am Fahren hat man durch diese weitfließende und berauschende Bergwelt.

Passepartout the Second: The Gavia Pass 46° 20′ 37″ N, 10° 29′ 17″ E

I prefer to follow my trail where no other trail leads. I can look back and judge it, which I otherwise could not do, because it would get lost among the many others.

                                                                                                                                       (Heini Holzer)

Once you have crossed the Umbrail Pass and/or the Stilfser Joch, the roads to the south divide after Bormio! If you want to go further into Trentino or to Lake Garda, you have various options from here. Those of us who prefer a quieter route head directly south and follow the SS38 to the Passo Del Mortirolo. A really beautiful little road over the mountains that invites you to take a leisurely stroll. The majority of us, however, probably follow the SP29 (SS300), also called Via Monte Oliveto, or in its later course Gaviapass road. To drive it in the early morning, when traffic is still light, is fascinating and at the same time this pass road completely redefines the word ENGPASS in some places. In this particular way, the Gavia is thus one of the most exciting connections in the Alps between Bormio and Ponte di Legno, reaching a pass height of 2621 metres over its 43km length. Its curves and hairpin bends have always fascinated me because of their narrowness, but it was not until the 3rd or 4th crossing that I was able to really grasp the beauty of this place.

The Gavia Pass

Once you have left the town sign of Valfurva behind you, the groove begins through the narrow hairpin bends upwards. There are about 10 of them, leading you and your bike through the wooded part of this road. Before, yes, before the initially cool-looking mountain world of the Sobretta-Gavia group in the (west) and the Ortler group in the (east) opens up before you. The view is beautiful and in some places you can see the narrow asphalt ribbon stretching through the landscape in front of you. Following it is the concentrated goal, because automatically you are drawn deeper and deeper into this world of stone, water and ice. Fascinating and at the same time a little frightening, it actually shows you how small you are as a human being compared to this enormous nature. However, it is worth it and you should bring enough time to enjoy it. And the little Refugio Bonetta is always worth a stop for a cappuccino and a bite to eat.

After the crest of the pass and Lago Bianco, the descent into the valley follows, and with it one more curve after another. You can also experience the 800-metre tunnel that was built to replace a particularly narrow stretch of road that is now closed. Two normal standard SUVs still can’t get past each other on many sections, which leads to little waiting times now and then.

By the way, the most interesting experience we had was with a group of Harley riders including pillion riders, who were riding their really old machines on drum brakes. Through my helmet visor there was a terrible smell of burnt brakes and not far away I saw them standing on the side of the road cooling their brakes with water bottles. They seemed to know all about it because the situation looked relaxed and when we asked them about it, they just said ‚everything’s OK‘.

In any case, we didn’t lose our momentum or our brakes that day, not even when the wildly honking and decommissioned fire engine (an old Benz truck) with Dutch licence plates came towards us and asked for its rightful place on the road. As I said, the narrowness of the pass is as legendary as the stories that can be told about it. After 15 more hairpin bends, the southern ramp is also completed and the narrowness slowly disappears on the Tonale road.  

For us bikers, the road is mostly passable from the end of May to the end of October, just like the surrounding passes. Otherwise, the winter months are quiet due to the winter closure.

History

The Gavia Pass was already known to Stone Age people, as evidenced by an ancient settlement site on the Malga Dell ‚Alpe, situated to the north of the pass at an altitude of 2300 metres.

With the end of the Middle Ages, it acquired a special importance. The Venetians built a mule track over the pass in order to bypass the Habsburg Tyrol and Lombardy, both of which were in direct competition with Venetian territory. As a result, the traffic of goods over the Gavia grew strongly as early as the 16th century, making it one of the most important passes in their territory for the Venetians. Not for nothing was its mule track called the „Strada Imperiale“.

Although it was extended several times over the centuries, it could not be tamed in winter either. Thus, its greatest shortcoming was and is (fortunately) also its strength for its nature, precisely that it cannot be used in winter and can only be crossed in summer.

After the decline of the Venetians, it too, like the Umbrail Pass, was forgotten for a long time because it was hardly used. It was not until the turmoil of the First World War that interest in it increased again and a first proper road was built over it to supply the troops. A fate that it shares with many Alpine passes and which should remain in constant remembrance through various memorials and monuments. A memory that focuses less on human interests and conflicts and more on the fantastic nature that surrounds it all.

Tips and more

Accommodation is available in Bormio as well as in the following villages before and after the south and north ramps to suit every taste. However, if you want to have a particularly quiet time, stay overnight in the Tibet Hut on the Stilfser Joch and set off from there early in the morning. It’s really worth it. Just like the spaghetti on the ascent from the north ramp (small stone house on the left) and on the descent via the south ramp (old stone house with bridge and water on the right).

This concludes our little tour of the Gavia pass. The area is inexhaustible for us humans, the passes in the surrounding area can be experienced beautifully. And here, too, the respect that you expect yourself should also be shown to nature and other road users. This wide-flowing and exhilarating mountain world makes driving all the more enjoyable.

In this spirit #lifeisaride yours

Torsten Thimm

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