Kawasaki W800 und W650 Vergleich der Generationen (English Version Below)

Ich kann mich noch genau daran erinnern, als wäre es gestern gewesen. Carmen hatte ihrem Schwermetall Kawasaki VN 1600 Meanstreak abgeschworen und es ging um einen passenden Nachfolger. Mehrere namhafte Kandidaten waren bereits durch ihr Raster gefallen und da stand beim Händler auf einmal diese kleine Königswelle vor uns. Puhhh echt jetzt Grün? Eine Probefahrt war trotzdem unumgänglich und schon zu Beginn hatte ich das Gefühl, dass Carmen sich auf der Maschine sichtlich wohlfühlt. Am Ende der Runde meinte sie jedenfalls „Die ist ja lustig“ und so begann unsere Leidenschaft und Geschichte mit den W’s.

Von früher bis heute

1999 war das Jahr, in dem mit der W650 die ersten Modelle der neueren Generationen von Kawasaki aufgelegt wurden. Dabei ist die Königswelle des Reihentwin das wohl deutlichste Identifikationsmerkmal des Heritagebikes. Sie ziert neben der 650er und 800er der ersten Serien auch heute noch die rechte Motorseite der W800 und sorgt mit ihrem turbinenartigen Nebengeräusch unter anderem für ein erfrischendes Fahrerlebnis.

Dieses Fahrerlebnis galt es allerdings zuerst einmal bei unseren beiden W’s ein wenig anzupassen. Breitere Lenker und angepasste Sitzbänke machten die Maschinen ein weiteres Stück handlicher und bequemer. Progressive Gabelfedern, dickeres Gabelöl und bessere Federbeine verbesserten die Fahreigenschaften insgesamt noch einmal erheblich gegenüber dem Originalfahrwerk. Zu guter Letzt sorgten modifizierte Bremsen (bei Carmen eine Beringer Bremsanlage, bei mir eine Wavescheibe mit Sinterbelägen) ausgestattet mit Stahlflexleitungen für eine feinere Dosierung und eine bessere Standhaftigkeit. Die Trommelbremse als Verzögerungshilfe am Hinterrad sei hier nur kurz erwähnt. Schön, dass sie da ist.

Die neue W

All diese Veränderungen braucht es bei der aktuellen W800 nicht mehr wirklich. Ja, denn in der Tat hat man das Gefühl, dass die Maschine sukzessive gewachsen ist und von Kawasaki harmonisch weiterentwickelt wurde. Dabei ist der mittlerweile verstärkte Rahmen, die steifer wirkende Gabel und die ebenfalls besseren Stoßdämpfer hinten (ab Modelljahr 2019) nur ein Teil der Maßnahmen, die das Fahrgefühl angenehmer gestalten. Der bequeme Sitz und die montierten Bremsscheiben (vorne 320 mm und hinten 270 mm) in Verbindung mit einem unauffällig gut funktionierenden ABS runden dabei das Thema Sicherheit und Bequemlichkeit ab. Dass man damit nicht in der High End Klasse angekommen ist, ist klar, allerdings ist das aus unserer Sicht auch nicht das Ziel bei diesem Motorrad. Hierfür hat Kawasaki ganz andere Technikmonster im Verkaufsladen stehen.

Bei der W, hier ist sie sich gegenüber den alten Varianten treu geblieben, geht es vielmehr um das pure und entspannte Fahren. Daher sucht man mögliche technische Helferlein, abgesehen vom ABS auch vergeblich. Die Fahrerin bzw. der Fahrer haben es selbst in Form des Gasgriffes in der rechten Hand zu entscheiden, was sie tun. Und wahrscheinlich ist das auch einer der Gründe, warum Heritage noch immer so angesagt ist. In einer sich immer verdichtenderen Gesellschaft ist dieses kleine Stück Freiheit unter Umständen der Revoluzzer in uns. Ja und die W macht es mit, denn mehr als die alten Modelle überzeugt die Euro 5 genormte Neue mit einem erwachseneren und kernigen Klang und der einen oder anderen Vibration. Nicht wirklich schlimm, aber es ist spürbar, dass unter einem etwas arbeitet und lebt. Wie im Übrigen auch im klassisch gehaltenen Cockpit, in dem echte Zeiger ihre Kreisbahnen über die Ziffernblätter drehen. Nostalgisch schön und zugleich wohl leider eine aussterbende Rasse im Zeitalter der zumeist hässlichen digitalen Panels. Ebenso wie der luftgekühlte Reihentwin dessen letzte Stunden wohl mit immer mehr zum Teil fragwürdigen Abgasgesetzen geschlagen haben. Ja, die Freiheit schwindet gemächlich dahin und um so höher ist es den Herstellern dieser Maschinen anzurechnen, dass sie alles dafür tun, uns möglichst lange den Spaß daran zu erhalten, bevor es vielleicht nur noch emotionslos summt.

Unterwegs im Odenwald     

Unterwegs im Odenwald macht die W jedenfalls sensationell viel Spaß, denn der flache, etwas nach vorne orientierte Lenker und die schlanken Reifen machen die Maschine insgesamt handlich. Und auch wenn sie ab Werk höher steht als die alten Modelle, hat man schnell wieder das kratzige Gefühl der Sicherheit in den Kurven unter sich, wenn die Funken der Fußrastennippel fliegen. Gut dabei ist, dass der Auspuff und der Hauptständer nimmer so schnell mitspielen wie bei meiner W650 vor der Fahrwerkskur. Doch mal langsam, denn insgesamt gesehen bietet sie einen tollen Sitz- und Fahrkomfort und wenn man der Motorradklasse angemessen fährt, stellt sich schnell dieses freche Grinsen unterm Helm ein, das mich an meiner schon immer begleitet hat.

So gleiten wir auf jeden Fall sanft durch die Kurven, wie die Gänge durchs Getriebe. Noch immer sind es 5, aber auch hier ist das Modell gegenüber den vorherigen Jahrgängen gewachsen. Apropos wachsen, spätestens in der Sonne am Marbachstausee wächst der Besitzerstolz, denn obwohl die Neue keinen Kickstarter mehr hat, ist da noch die königliche Welle auf der rechten Motorseite und gaaaaaaanz viel schimmerndes Chrom. Überhaupt hat die 225 kg schwere Maschine noch richtig viel Metall zu bieten, wo andere namhafte Hersteller auf billige Plaste zurückgreifen. Das fällt auf und Benzingespräche sind ja auch immer ein netter Zeitvertreib zwischen den Tour-Abschnitten. Dabei lässt sich auch super erwähnen, dass die Maschine 773 cm³ hat, A2 freundliche 48PS erzeugt und lässige 64Nm Drehmoment bei 4800 Umdrehungen. Einzig bei der Farbe werden die Mundwinkel etwas nach unten gekrümmter. Ja es tatsächlich nur eine einzige Farbkombi für das Modelljahr 2023 und da heißt Metallic Slate Blue / Metallic Diablo Black. Klingt doof ist, aber so und damit kann man sich positiv betrachtet auch nicht vertun.

Im weiteren Verlauf unserer Testtour, kommen keine bösen Überraschungen mehr zutage, eher sind es sehr gute, denn der 15 Liter fassende Tank reicht bei einem Verbrauch zwischen 3,8 und 4,0 Litern Sprit für ordentliche Reichweiten. Und auch wenn er von der Form her nimmer ganz so schön ist wie der Alte, passt er zur W. Neben den mit klassischen Leuchtmitteln bestückten Blinker und Rücklicht macht die Front einen auf Hipster und streckt dabei ihren schicken LED-Scheinwerfer ins Sonnenlicht. Der sieht bei weitem nicht nur gut aus, nein er kann auch was, was wir im Dunkeln auf dem Heimweg live miterleben konnten.

Mit diesen Feststellungen endet unser Generationen Vergleich hier und am Ende bleibt ein Fazit übrig!

Fazit

Würden wir unsere beiden W’s gegen ein neues Modell eintauschen, nein, mit Sicherheit nicht, zumal die Preise der ersten W650 und W800 Modelle derzeit mit Recht stetig ansteigen. Würden wir jemandem, der eine neue Kawasaki W800 kaufen möchte, zur Neuen raten, ja. Denn die Neuerungen grade mit Scheibenbremsen und ABS wäre schon eine schicke Ergänzung für unsere beiden alten Maschinen. Allerdings geht es seit Jahren auch schon so sehr gut und daher ist es uns den Preis nicht wert. Die Neue kostet als Modell 2023 derzeit um die 10.500 Euro, gute Gebrauchtmodelle gibt es ab 4.500 Euro bei den 650ern und ab 5.500 Euro bei den 800ern der MK1 Serie. Alles dazwischen ist möglich und für jeden, der noch nie eine W gefahren ist, sei gesagt: „Befreie dich von Zwang, Druck und deinem stressigen Leben und lass dich auf etwas Pures ein“. Mit Sicherheit wirst du es nicht bereuen und gleichzeitig einen Seelentröster und guten Freund an deiner Seite bekommen.

Kommen wir zu aller guter Letzt noch zum Thema Individualisierung. Kawasaki selbst bietet hierzu reichlich Teile im hauseigenen Programm an. SW-Motech hat unsere Prototypen in sein eigenständiges System umgesetzt, welches in Verbindung mit den Legend Gear Taschen an durchweg ALLE Modelle passt. Der Rest ist individuell und so wie wir Menschen auch sein sollten nach jedem einzelnen Himmelreich zu gestalten.

Damit wünschen Carmen und ich euch eine gute Zeit und viele W-ilde Abenteuer auf euren Wegen.

Beste Grüße Torsten und Carmen

Kawasaki W800 and W650 Generation Comparison

I can still remember it like it was yesterday. Carmen had sworn off her heavy metal Kawasaki VN 1600 Meanstreak and was looking for a suitable successor. Several well-known candidates had already fallen through her cracks, and then suddenly this little Königswelle was standing in front of us at the dealer. Phew, really green now? A test ride was nevertheless unavoidable and right from the start I had the feeling that Carmen visibly felt comfortable on the machine. At the end of the ride she said, „She’s funny“, and so began our passion and history with the W’s.

From the past to the present

1999 was the year when the first models of the newer generations of Kawasaki were launched with the W650. Here, the kingpin of the inline twin is probably the clearest identifying feature of the heritage bike. Along with the 650 and 800 of the first series, it still adorns the right side of the W800’s engine and, with its turbine-like background noise, makes for a refreshing riding experience, among other things.

However, this riding experience first had to be adapted a little on our two W’s. Wider handlebars and adapted seat benches made the machines a bit more manageable and comfortable. Progressive fork springs, thicker fork oil and better suspension struts improved the overall handling characteristics considerably compared to the original chassis. Last but not least, modified brakes (a Beringer brake system on Carmen’s bike, a Wave disc with sintered pads on mine) equipped with steel braided lines ensured a finer dosage and better stability. The drum brake as a deceleration aid on the rear wheel should only be mentioned briefly here. It’s nice that it’s there.  

The new W

All these changes are no longer really needed on the current W800. Yes, because in fact one has the feeling that the machine has grown successively and has been harmoniously developed further by Kawasaki. The reinforced frame, the stiffer fork and the improved rear shock absorbers (from model year 2019) are only part of the measures that make the riding experience more pleasant. The comfortable seat and the mounted brake discs (320 mm at the front and 270 mm at the rear) in conjunction with an inconspicuously well-functioning ABS round off the topic of safety and comfort. It is clear that this is not a high-end bike, but in our opinion that is not the goal of this bike. Kawasaki has other technology monsters in its shop for that.

The W, which has remained true to the old versions, is more about pure and relaxed riding. That’s why, apart from ABS, you won’t find any technical aids. It is up to the rider to decide what to do in the form of the throttle grip in the right hand. And that is probably one of the reasons why Heritage is still so popular. In an ever more condensed society, this little piece of freedom may be the revolutionary in us. Yes, and the W goes along with it, because more than the old models, the Euro 5 standardised new one convinces with a more grown-up and throaty sound and the odd vibration. Not really bad, but it is noticeable that something is working and living underneath you. This is also the case in the classically designed cockpit, where real hands turn in circles over the dials. Nostalgically beautiful and at the same time, unfortunately, probably a dying breed in the age of mostly ugly digital panels. Just like the air-cooled in-line winch whose last hours have probably come with more and more questionable exhaust laws. Yes, freedom is slowly fading away, and it is all the more creditable to the manufacturers of these machines that they are doing everything they can to keep us enjoying them for as long as possible, before perhaps they only hum emotionlessly.

On the road in the Odenwald     

On the road in the Odenwald, the W is sensationally fun, because the flat, slightly forward handlebars and the slim tyres make the bike easy to handle. And even though it stands higher than the old models ex works, you soon get that scratchy feeling of safety in the bends underneath you again when the sparks from the footrest nipples fly. The good thing is that the exhaust and the main stand don’t play along as quickly as they did with my W650 before the suspension overhaul. But take it easy, because overall it offers great seating and riding comfort, and if you ride appropriately for the motorbike class, you quickly get that cheeky grin under your helmet that has always accompanied me on mine.

So we definitely glide smoothly through the curves, like the gears through the gearbox. There are still 5, but here, too, the model has grown compared to previous vintages. Speaking of growing, pride of ownership grows in the sun at the Marbach reservoir at the latest, because although the new one no longer has a kick starter, there is still the royal shaft on the right side of the engine and a whole lot of shimmering chrome. In general, the 225 kg machine still has a lot of metal to offer, where other well-known manufacturers resort to cheap plastic. That’s striking, and talking about petrol is always a nice way to pass the time between the tour sections. It’s also great to mention that the engine has 773 cm³, A2 produces a friendly 48 hp and a respectable 64 Nm of torque at 4800 revs. Only the colour makes the corners of your mouth curl down a little. Yes, there is actually only one colour combination for the 2023 model year and that is Metallic Slate Blue / Metallic Diablo Black. It sounds silly, but that’s the way it is, and positively speaking, you can’t go wrong with it.

In the further course of our test drive, no more nasty surprises come to light, rather very good ones, because the 15-litre tank is sufficient for a decent range with a fuel consumption of between 3.8 and 4.0 litres. And even if its shape is not quite as beautiful as the old one, it suits the W. In addition to the indicators and tail light equipped with classic bulbs, the front goes hipster and stretches its chic LED headlight into the sunlight. Not only does it look good, it can also do something, which we experienced live in the dark on the way home.

With these observations, our generation comparison ends here and at the end a conclusion remains!

Conclusion

Would we swap our two W’s for a new model, no, certainly not, especially as the prices of the first W650 and W800 models are currently rising steadily, and rightly so. Would we advise someone who wants to buy a new Kawasaki W800 to go for the new one, yes. Because the innovations, especially with disc brakes and ABS, would be a nice addition to our two old machines. However, it’s been going very well for years as it is, so it’s not worth the price to us. The new 2023 model currently costs around 10,500 euros, good second-hand models are available from 4,500 euros for the 650 series and from 5,500 euros for the 800 series of the MK1. Anything in between is possible and for anyone who has never ridden a W, „Free yourself from constraint, pressure and your stressful life and get involved with something pure“. For sure you won’t regret it and at the same time you will get a soul comforter and a good friend by your side.  

Last but not least, let’s talk about customisation. Kawasaki itself offers plenty of parts for this in its own range. SW-Motech has converted our prototypes into its own system, which, in conjunction with the Legend Gear bags, fits ALL models. The rest is individual and as we humans should be according to each individual kingdom of heaven.

With this, Carmen and I wish you a good time and many W-wild adventures on your paths.

Best regards Torsten and Carmen   

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