Vieles haben wir gesehen, Manches erneut entdeckt, Anderes einfach nur aufgefrischt und ab und zu war auch etwas ganz Neues dabei! Eine Woche hier mit dem Motorrad am Gardasee ist fast zwei Wochen zu wenig, aber besser als gar keine Woche.
Wir schreiben Juli, die Vorfreude in den letzten Wochen war groß. Ideen sammeln, Routen zusammenbauen und am Ende eine Gesamttour daraus machen, all das beschäftigte mich nach Feierabend. Nach vier langen Jahren des Wartens, würden wir wieder Cappuccino auf dem Tremalzo trinken, original Spaghetti Aglio e Olio essen und nach den Touren bei einem oder auch zwei Gläsern, italienischem Rotwein mit Freunden am See zusammensitzen. Dass waren die Gedanken, die die Wartezeit bis heute verkürzt hatten und nun ging es endlich los.
Der Wettergott spielt heute mit und so steigen wir gleich zu Beginn, durch den Odenwald in Richtung Neckartal ins zotzenbacher Kurvenlabyrinth ein. Das Gepäck hält dieser ersten Bewährungsprobe stand und führt uns auf unsere Anfahrt durch die sanften süddeutschen Mittelgebirgslandschaften. Vorbei an Bretzfeld, Münsingen und vielen anderen kleinen Ort erreichen wir abends unser erstes Etappenziel dem Gasthof Zum Reichenbach in Nesselwang. Anna-Maria Voigt und ihr Team haben zwar alle Hände voll zu tun, kümmern sich am Abend so gut um unser leibliches Wohl das die Zeit so schnell vergeht, dass wir uns bald darauf in unseren Betten wiederfinden.
Der Morgen danach, er empfängt uns mit den ersten Sonnenstrahlen die über die hohen Tannen vorm Haus blitzen. Aufstehen, Frühstücken und Mopeds aufrödeln, an solchen Tagen kann das wirklich schnell gehen. Nicht viel später finden wir uns in den Sätteln unserer Eisenrösser wieder auf direktem Weg zum Hahntennjoch. Das Namlostal lassen wir dieses Mal links liegen. Über den Reschenpass und durch den langgezogenen Vinschgau, fahren wir weiter und gelangen so nach den wohl berühmtesten 48 Kehren dieser Gegend zur Mittagspause auf dem Stilfser Joch. Wie üblich ist dort schon wieder die Hölle los, aber jeder von uns kannte eine dieser berühmten Bratwürste mit Sauerkraut ergattern und bei der Höhenluft in 2758m schmeckt die natürlich noch mal so gut. Nach ein paar Fotos und dem obligatorischen Cappuccino, geht es begleitet von einer Truppe Corvettes talwärts. Was dann folgt ist der Gavier Pass mit seiner engen Straßenführung und dem vollen Punsch an ursprünglicher Natur. Der Tonale nach Madonna di Campiglio schließt sich fliesend an und zu guter Letzt kommen wir am frühen Abend in Limone an. Ein einfaches italienisches Hotel genannt Garden, soll hier für die nächsten Tage unsere Bleibe sein.
Wir sind also im gelobten Land der Motorradfahrer, in einem Gebiet in dem ich bei bisher 4 Besuchen schon einiges kennen lernen konnte, aber bestimmt auch noch vieles offen und neu ist. Eben neu ist z.B. für mich der heute geplante Start der Tour. Denn wir bewegten die Bikes erst einmal lediglich bist zum Fähranleger in Limone, um von dort aus mit der Fähre nach Malcesine überzusetzen. Ein tolles Erlebnis, umso mehr da das Wetter mitspielte und die Sicht weite Blicke über den See zulässt. In Malcesine angekommen folgen wir erst einmal ein paar km der Uferstrasse, bevor wir links ins Geräusch abbiegen und beginnen das Hinterland, rund um den Monte Baldo zu erfahren. Mit den Kilometern kommen wir immer weiter in dieses Paradies hinein. Oberhalb der Baumgrenze dann grüne Weiden und natürlich auch die dazugehörigen Kühe und Bauern die ihre frischen Waren anbieten. Schnell ist ein passendes Ziel ausgemacht und die Sachen fürs heutige Picknick gekauft. Bei der Platzsuche dafür lassen wir uns noch etwas Zeit und fahren erst einmal gemütlich den Bergkamm ab, genießen die Ausblicke bevor wir zur Pause anhalten. Diverse Sorten Almkäse, Schinken und Salami mit selbst gebackenem Brot, da braucht es wirklich nicht mehr sehr viel um glücklich zu sein. Doch dieser Tourtag ist noch nicht zu Ende, denn nach der Pause geht es weiter über Ronzo Chiens führt die Tour uns auch noch zum Monte Bondone und um ihn herum. Traumstrassen die man sich in Deutschland mittlerweile zum Teil nur wünschen kann, machen aus dieser Tour ein Erlebnis das man festhalten möchte. So geht dieser Tag allmählich dahin und nach einer ordentlichen Eisportion bei Flora in Riva del Garda, machen wir uns langsam auf den Weg zurück ins Hotel. Carmen und ich beschließen diesen Abend am Strand mit einem weiteren Picknick zu verbringen, während der Rest der Truppe im Hotel zu Abend isst. Wir genießen diese Zweisamkeit und als die Dunkelheit aufzieht packen wir zusammen und gehen zurück auf unser Zimmer.
Nach einer weiteren ruhigen Nacht im Bett und einem leider viel zu typischen italienischen Frühstück, steht heute die Tour in Richtung Ledro See an und natürlich ist auch der Idro und der Iseo See heute mit dabei. Die 3 Seen Tour, einer der Klassiker. Das Wetter meint es allerdings heute nicht ganz so gut mit uns und so halten wir uns ein paar Alternativen offen. Durch die vielen Tunnel der Uferstrasse und den sehr langen Tunnel hoch an den Ledro See folgen wir dem Straßenverlauf bis zum Abzweig des Tremalzomassives. Der Berg ist bekanntermaßen bei den Mountainbikern sehr beliebt und einige begegnen uns auf dem Weg nach oben. Aber auch wir haben bei der Auffahrt unseren Spaß bis zum Refugio, in dessen Gasträumen, einer der besten Cappuccinos und Apfelstrudel serviert wird. Dadurch dauert die geplante Pause auch etwas länger als geplant, bevor wir zum Idro See aufbrechen. Der Plan oberhalb des Idro Sees nach Magasa zu gelangen und von da zurück nach Limone zu kommen scheitert leider. Diese Strecke ist seit Jahren für den Verkehr gesperrt. Landschaftlich ein echtes Highlight, weil man von hier den Idro einmal komplett bestaunen kann, ändert es nichts, dass wir an diesem Tag zurückfahren müssen. Nicht dass das ein Problem wäre, denn immerhin liegt das Capovalle und die Strecke über den Valvestinostausee noch vor uns. Kurven fangen ist also angesagt, eine folgt der nächsten, die Kupplungshand und der Schaltfuss haben viel zu tun bis wir wieder am Hotel ankommen. Glück für uns das wir uns den Iseo an diesem Tag gespart haben, denn diesem Abend bekommt die Erde rund um den Gardasee ordentlich Wasser von oben ab.
Da es am folgenden Morgen noch nicht besser aussieht beschließen wir erst einmal einen Ruhetag einzulegen, durch den Ort zu schlendern und Mitbringsel einzukaufen. Die Geschäfte in den Gassen von Limone bieten Vieles und natürlich auch Spezielles 😊. Am späten Nachmittag hellt es noch einmal auf und so beschließt ein Teil der Truppe noch einmal für eine kleine Runde aufzubrechen. Die Brassaschlucht hoch, durch die Bergdörfer die wie ausgestorben an den Hängen kleben. Die Luft hier oben ist kühl und rein an diesem Nachmittag. Sie durchfließt den geöffneten Helm, die Jacken und Hosen und wir nehmen dieses Erlebnis mit uns mit. Der Gardasee unter uns noch immer zum Teil in den Wolken ein Naturschauspiel aller erster Güte. Damit kommen wir zurück zur Unterkunft und zum vorletzten Abend am See.
Und tatsächlich hat Petrus an unserem letzten Tag erst noch einmal ein Einsehen. Für heute habe ich noch einmal ein echtes Highlight geplant. Noch einmal geht es am Valvestionsee vorbei und durchs Capovalle, bis hin zum Idrosee und nach Anfo. Von dort aus führt von der Hauptstrasse eine sehr kleine Nebenstrecke links ab Richtung auf den Passo La Spina und weiter zum Passo di Croce Domini und Manavia. Erneut reiht sich hier Kurve an Kurve je höher man kommt, desto weiter wird die Sicht. Diese Strecke ist eine Herausforderung für Mensch und Maschine und sollte nicht mit Rennmaschinen oder Choppern gefahren werden. Sehr anspruchsvoll geht es nämlich nach dem Spina weiter über Schotter bis hin zur Spitze des Croce Domini. Nach einem weiteren ordentlichen Regenguss mit heftigem Gewitter geht es ab hier weiter zurück ins Tal. Ab hier hört auch der Schotter auf und wir folgen der kleinen geteerten Straße talwärts zurück in Richtung Ledrosee. Noch einmal zieht uns die Natur in ihren Bann und wir lassen sie langsam an uns vorbeigleiten. Tiefer und tiefer kommen wir durchfahren ein weiteres Mal den Tunnel am Ledro und die der Uferstraße bevor wir am Hotel ankommen. Ein wenig Wehmut macht sich breit, denn es gäbe noch so viel zu entdecken hier.
Am nächsten Morgen ist das Gepäck wieder auf dem Motorrad verstaut und wir folgen der Uferstraße gen Norden. Und tatsächlich finde ich durch Zufall auf dem Rückweg, die Strecke auf der ich 2003 zum ersten Mal den Gardasee erblicken durfte. In doppelter Sicht ein Blick zurück denn heute ist die Fahrtrichtung leider andersrum als damals, aber eins steht fest, als ich auf den See blicke, es war nicht das letzte Mal das ich ihn gesehen habe und seine Natur drumherum geniessen konnte. Es gibt noch sehr viel mehr dort zu entdecken und ich finde es heraus.
#LifeisaRide
Beste Grüße
Torsten Thimm