Lange schon spukt es in unseren Köpfen herum, das Thema Ligurien und ligurische Grenzkammstraße. Vieles haben wir über die Jahre darüber gelesen, uns Videos dazu auf YouTube angeschaut, um uns ein Bild machen zu können. Was wird uns dort wohl erwarten. Und definiert sich diese gesamte Gegend wirklich nur über diese Straße, oder gibt es da auch noch etwas Anderes zu entdecken?
Anfang Juni machen sich Marc, Klaus, Sascha und ich auf den Weg nach Bajardo in ein B&B http://www.cameliedelbosco.com/index.php/en/, dass oberhalb des Ortes in den Bergen liegt. Mitten in der Natur beziehen wir unsere Zimmer bei Valeria und ihrem Mann und starten von dort aus unsere Tagestouren. Und schon die ersten Kurven zur Hauptstraße lockern gleich einmal alles in uns auf. In diesem Rhythmus geht es unten angekommen dann anschließend auf den Strecken der Touren weiter. Die Straßen sind zumeist eng, mit zum Teil heftigen Schlaglöchern und hin und wieder einer Hand voll Split in den Kurven gespickt. Es ist also Vorsicht und Konzentration geboten, denn schnell hat man sich verhoppast und kommt danach nur langsam wieder zurück in den Kurventritt. Relativ unbeeindruckt davon gibt sich allerdings meine Begleitung. Die Suzuki V-Strom 650 XT läuft ausgezeichnet und bietet zudem den nötigen enduristischen Anteil an Federwegen der hier gefragt ist. Auf diese Art und Weise lässt es sich durch die Wälder und über die Freiflächen cruisen bis hin zu unserem heutigen Ziel der Grenzkammstraße, wo das eigentliche Abenteuer beginnt.



Nach einem letzten Cappuccino am Colle Melosa gehen wir dem Mythos auf den Grund und starten mitten hinein in die mächtige Natur. Auf den ersten Metern sieht das alles noch sehr harmlos aus, wird aber schnell ganz anders. Grobschotterische Stücke mit faustgroßen Steinbrocken, wechseln mit einer Art tiefen Splitbänken ab und frei gespülte Steinplatten kommen zum Vorschein. Die Reifen kämpfen um Traktion und für einen ahnungslosen Nichtenduristen wie mich, ist es grade eine echte Herausforderung. Wobei ich mit der Suzi noch eine sehr gute Wahl meines Gefährtes getroffen habe. Kollege Klaus auf seiner 17 Jahren alten TDM 850 hat aufgrund mangelnder Bodenfreiheit mehr zu kämpfen und Sascha mit der KTM SMT, weiß nun endlich warum breite Reifen nur optisch toll sind, bei solchem Gelände aber eher nachteilig. Marc indes hat Übung durch seinen Guidingjob und auf seiner GS sieht das alles sehr geschmeidig aus. Mit Zwischenstopps für Film und Foto kommen wir Spitzkehre um Spitzkehre bergauf. Dabei zieht uns die Natur immer mehr in den Bann, denn der Blick wird weiter, der mittlerweile aufgekommene Nebel verzieht sich und die Sonne kämpft sich ihren Platz am Himmel zurück. Sie erfüllt diese gesamte Szenerie mit dem Gefühl des Spätfrühlings und vor allem auch mit Wärme. Klaus macht es indes auf die harte Tour, während Sascha, Marc und ich zusammen bleiben treffen wir unseren Gefährten gefühlte Stunden später Rillo rauchend und ziemlich fertig am Straßenrand sitzt wieder. Was ihm in diesem Moment durch den Kopf geht weiß ich nur zu gut und insgeheim bin ich froh darüber, dass meine BMW zu Hause in der Garage steht und das hier nicht mitmachen muss. Aber da wir nun alle wieder zusammen sind, bietet es sich sowieso an den Picknickkorb auszupacken und die T-Shirts in der Sonne zu trocknen. Schweigen die Motoren erst einmal kommt gespenstische Ruhe auf und nur der Wind singt sein Lied in den Gipfeln über uns. Wie sich das wohl in den Festungen hier oben in den Kriegsjahren angefühlt haben muß? Zum Glück sind heute friedlichere Zeiten und diese Geisterhäuser mittlerweile nur noch nutzlose Ruinen oder gar komplett zerfallen. Mit den Gesprächen untereinander kommt bei uns langsam die Stimmung wieder zurück, die bei der Auffahrt etwas verloren ging. Realdo liegt nun vor uns und von hier ab geht es nur noch talwärts. (Nur noch 😊)







Ich beginne die Abfahrt, rolle voraus um einen geeigneten Platz für weiter Bilder zu finden und ggf. den einen oder anderen Film. Das klappt so ganz gut, allerdings ist der erste Teil der Abfahrt nicht besser als die komplette Auffahrt und es rappelt ordentlich unter den Maschinen. Die Brocken schlagen an allem ein was sie erreichen können und der leider nur aus Plaste montierte Bugspoiler der Suzi leidet auf diesem letzten Stück schwer.






Meter um Meter kommen wir tiefer und ein paar Kurven später ist dieser Spuk vorbei. Wir haben wieder festen Untergrund unter den Reifen und das Tempo erhöht sich langsam. Doch trotzdem verlieren wir die Natur und die in die Felsen gebauten Dörfer der Gegend nicht aus den Augen. Beim einen oder anderen hat man das Gefühl die Zeit wäre stehen geblieben. Man verfällt förmlich in die Nostalgie der 50. und 60. Jahre und lässt es auf sich wirken, während die alten Fassaden und Autos am Straßenrand vorüberziehen. Vorbei an Monte Forte und Aquetico geht es wieder Richtung Süden. Die Fahrspuren werden erneut enger und die Aufmerksamkeit bei 30 Grad im Schatten sollte jetzt keinesfalls nachlassen. Über Rezzo bis nach Andagna folgen wir der SP17 die es uns mit weiteren Kurven nicht langweilig werden lässt. Erst in der Folge auf der SP548 wird es ein wenig entspannter die wir bis Badalucco befahren, bevor es auf der SP54 noch einmal richtig eng wird und wir am Abend in Bajardo zurück sind.




Schon dieser erste Tourtag hat uns gezeigt das die Gegend hier etwas Besonders ist. Die landschaftlichen Gegebenheiten und Streckenführungen sollte dies in den nächsten Tourtagen nur weiter bestätigen. Kleine und kleinste Straßen machen das Cruisen zu einem Erlebnis mit reichlich Adrenalin, wenn mal ein Auto entgegenkommt. Tiefe und zum Teil rabenschwarze Wälder lassen das Mystische nicht zu kurz kommen und die Fahrt durch einen der vielen Olivenhaine im halbenduristischen Terrain ist fast Pflicht, wenn auch nicht immer erlaubt. Leider hatten wir das Pech, dass der Tende Pass aufgrund von Straßenarbeiten geschlossen war und so konnten wir hier nicht punkten. Dafür ging es tags drauf praktisch als Entschädigung rüber auf die französische Seite, die ebenfalls landschaftlich besticht. Nur was den Straßenbau angeht, sollten sich die Franzosen in dem Gebiet mal ein paar Ratschläge bei ihren italienischen Kollegen einholen, denn die Bitumenschmiererei am Col de Braus geht gar nicht und macht auch keinen Spaß. Mit Fahrstrecken von um die 270km ist man für eine Tagestour sehr gut bedient, alles was mehr wird tut auch angesichts der Temperaturen weh. Zu entdecken gibt es natürlich auch so einiges. Neben den Festungen aus den Weltkriegen, haben vor allem die Ortschaften mit ihrem eigenen Flair und immer wieder die gewaltige Menge an Natur etwas zu bieten. Und wer es noch wärmer haben möchte, der fährt eben bei einer seiner Touren in Richtung Mittelmeer. Sanremo, wie auch Imperia und Vetimiglia liegen zum Greifen nah. Abstecher in die einzelnen Städte sind gut, was man sich sparen kann ist die Uferstraße, denn kennt man Eine, kennt man sie alle und es gibt nichts Schlimmeres, als am Nachmittag in brütender Hitze, auf einem Motorrad durch oben genannte Städte zu fahren und sich einen passenden Weg durch das Fahrzeuggetümmel zu suchen. Da ist ein ausgemachter Tag an einem Ort und am Strand dort die bessere Wahl.




Was am Ende einer jeden Reise bleibt ist ein Fazit!
Dieses hier kann nur positiv ausfallen, denn Ligurien hat eine Menge zu bieten, auch außerhalb der Grenzkammstraße. Gerne hätte ich aber von ihr noch mehr gesehen, aber dazu bedarf es eines anderen fahrbaren Untersatzes. Daneben sind die Menschen ein wichtiger Aspekt, welcher die Gegend interessant macht. Stets freundlich und nett ist man uns begegnet auf der Reise, wobei wir über die kulinarischen Aspekte gar nicht reden müssen, denn kochen können sie die Italiener. 😊



















In diesem Sinne viel Spaß in Ligurien und #LifeisaRide
Motorbike Tour: Italy Border Experience on the Ligurian Border Ridge Road
Sehr inspirierend! Ich erkenne, das ich Ligurien bis her nur sehr oberflächlich kennen gelernt habe. Vielen Dank für den Beitrag und herzliche Grüsse
http://www.derhalbhartemann.com
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