Vergangenheit wird Gegenwart und lebt von einem Gedanken der bereits in den 1950er Jahren das Motorrad fahren bereichert und verändert hat. Man wollte zu dieser Zeit einfach noch freier und auch mal abseits der befestigten Straßen unterwegs sein. Da dies mit den zumeist straßenorientierten Maschinen nur bedingt möglich war, legten die Besitzer Auspuffanlagen und Schutzbleche höher, montierten breitere Lenker und Stollenreifen auf ihren Bikes und ab ging es ins Gebüsch. Damit war der Scrambler geboren.
In die Neuzeit rettete dieses Konzept nicht wie vielleicht von vielen vermutet Ducati! Nein die Engländer um John Bloor und Triumph brachten anno 2006 das erste Modell der Baureihe zurück auf die Straße. Und natürlich nannten sie es selbstbewusst Scrambler! Optisch schön gestaltet war die Maschine jedoch mit 232kg ordentlich bepfundet und zudem mit ihren 58PS etwas schwachbrüstig ausgestattet. Das sollte sich zu Beginn des Jahres 2017 ändern, denn auf Basis der neuen Street Twin, stellte man einen ebenfalls neuen Scrambler auf schicke Speichenfelgen die mit Stollenreifen besohlt wurden.
Beim ersten Kontakt mit ihm, stellt sich ähnlich wie bei der Street Twin, ein Gefühl der tiefsten Zufriedenheit in mir ein. Er ist wie ein guter Kumpel der dir in Form seines breiten Lenkers die Hand reicht. Die Distanzen passen auf Anhieb, beide Füße stehen voll auf dem Boden, der Po sitzt bequem auf dem straffen Gestühl. So also muss sich Steve Mac Queen auch gefühlt haben, als er seinerzeit mit solchen Maschinen unterwegs war. Der Blick aus dem Jethelm erfasst schnell und zielgerichtet all das gebotene der Maschine, denn man beschränkt sich hier auf das Nötigste. Das Cockpit ist bereits aus der Street Twin bekannt und bietet neben dem analogen Tacho ein kleines digitales Display. Hier kann der Fahrer bei Bedarf den Drehzahlmesser, die Gesamtkilometer, den Tripzähler und den Verbrauch abrufen. Die Tankanzeige daneben ist immer im Blickfeld. Beim Druck auf den Startknopf nimmt der Herzschlag noch einmal zu, denn trotz Euro 4 Norm hat auch dieser Motor noch einen satten Klang, der durch die optisch schön gestaltete und hochgelegte Auspuffanlage ins Freie entweicht. Der erste Gang flutscht geradezu so rein, als wolle die Maschine sagen, ist gut jetzt ich will los. Seine vier Geschwister tun es ihm während der Fahrt gleich. Und auch wenn scramblen auf Deutsch klettern heißt, sind wir erst einmal auf befestigten Straßen unterwegs. Schon auf den ersten Metern spüre und erfahre ich, wie leicht sich der Scrambler fährt und wie gelungen die Abstimmung des Fahrwerks ist. Sauber nimmt er jede Kurve, sodass Zeit für Blicke in die spät sommerliche Landschaft, mit ihren gemähten Feldern und Strohballen bleibt. Ja das Motorradleben kann so leicht und einfach sein! Verschiedene Fahrmodis braucht es nicht, ein ABS und eine Tracktionskontrolle erfüllen die geltenden Sicherheitsaspekte, wobei Zweitere auch auszuschalten geht. Kurve um Kurve nimmt das Vertrauen zu, sodass ich beschließe die Straße zu verlassen. Zuerst einmal mitten hinein in den gemähten Stoppelacker zum Fotoshooting und später dann weiter über nicht ganz öffentliche Feldwege zum scrambeln. Die Halbstollenreifen machen all das ohne zu murren mit und auch das Fahrwerk ist davon mehr oder weniger unbeeindruckt. Einzig das stehen auf den etwas zu schmal geratenen aber profilierten Rasten ist etwas tricky. Nächster Stopp ist der Motorradtreff am Marbach Stausee und auch hier stehen gleich 2-3 Kollegen um die Maschine herum. Hauptthema ist natürlich der Kleine 900 HT Motor, der zur Überraschung vieler hier verbaut wurde. Wie in der Street Twin leistet er auch im Street Scrambler seine 55PS und drückt feine 80Nm Drehmoment bei 3230 Umdrehungen. Einem Turbodiesel gleich geht es also aus dem Drehzahlkeller voran. Aber der Wunsch nach mehr bleibt. Zu schön wäre es gewesen wenigstens den T120 Motor in diesem Konzept zu fahren, oder besser gleich den Thruxton Motor, so die Aussagen.Doch weiß auch der Kleine durchaus zu überzeugen. Geschmeidig hängt er am Gas, dreht sauber hoch und fühlt sich in keiner Situation schwachbrüstig, oder gar unterlegen an. Er ist und bleibt der Harmonischste der drei genannten Antriebe. Mit diesen Gedanken im Kopf nehme ich meinen Jethelm und blubbere weiter in Richtung Heimat. Denn man verliert sich und vor allem die Zeit, wenn man mit der kleinen Triumph unterwegs ist. Ja Hinckley hat es verstanden sie mit Emotionen zu füllen und den Spirit der 50er damit ins neue Jahrtausend zurück zu holen. Fernab von hochdifizielen elektronischen Fahrwerken die eh kein Mensch versteht, von 200 PS Motoren die keiner beherrscht und wirklich braucht, weiß der Scrambler durch seine Einfachheit zu überzeugen und zieht damit seinen Fahrer in den Bann.
Mein Fazit am Ende des Testes ist dann auch so einfach wie die Maschine selbst. Der Street Scrambler ist ein Spaßgerät und das trotz der nur geringen Leistung von 55PS. Sicher wäre etwas mehr schöner, aber wer weiß was Triumph in naher Zukunft vielleicht noch zu tun bereit ist, in diesem Segment? Das Fahrwerk ist gut abgestimmt, und an den Federbeinen einstellbar. Die Gabel ist fix und bietet genügend Reserven in allen Lebenslagen. Wie schon bei der Street Twin wird auch hier Gewicht dadurch gespart das viele Anbauteile aus lackiertem Kunststoff und nicht aus Metall gefertigt sind. Und wie bei allen Modern Classics, gibt es auch für den Scrambler eine Masse an Zubehörteilen, um ihn dem eigenen Gusto anzupassen. Wäre zum Schluss die Preisfrage noch offen! Den Matt schwarzen auch Jet Black genannten Einstiegsscrambler bekommt man für 10700 Euro. Den zweifarbigen und von mir getesteten für 11000 Euro. Keine Sonderangebote also, aber man bekommt ein wertiges und gut verarbeitetes Motorrad als Gegenwert, dass eins wirklich kann…… Entspannen und Spaß machen. In diesem Sinne #LifeisarideBilder Chris Rausch und Triumph, sowie Torsten Thimm